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Die
drei Schwestern Reyhan (20), Nurhan (16) und Havva (13) leben mit ihrem
Vater in einem
abgelegenen Dorf in Zentralanatolien. Alle drei wurden als Dienstmagd
in die Stadt geschickt, doch inzwischen leben alle drei wieder zu Hause.
Als letzte von ihnen kehrte Nurhan zurück: Sie hatte den Sohn des
Arztes der Region geschlagen, weil dieser jede Nacht sein Bett nässte.
Reyhan war bei ihrer Rückkehr schwanger und wurde vom Vater eilig
mit dem Schafhirten Veysel verheiratet. Der Traum von einer besseren
Zukunft scheint sich für die drei jungen Frauen nicht zu erfüllen,
doch die Bande, die sie verbinden, sind stark. Während sie darauf
warten, dass die verschneiten Straßen wieder passierbar werden,
vertreiben sich Vater und Töchter die Zeit mit Geschichten.
In eindringlichen
Bildern erzählt Emin Alper, der selbst in den
anatolischen Bergen aufgewachsen ist, ein Märchen. Er thematisiert
eine Gesellschaft, in der weder Frauen noch Männer eine Chance haben,
den vorbestimmten Kreislauf zu durchbrechen, und lässt dennoch Raum
für Hoffnung.
Pressestimmen:
- „Ein einzigartiges Werk, das geschickt Tschechow mit den Brüdern
Grimm verbindet.“ The Hollywood Reporter
- „Ein neuerlicher Beleg für die meisterliche Fähigkeit dieses
Filmemachers zu Verdichtung, Zuspitzung und kraftvoller Bildgestaltung.“ Berliner
Zeitung
- „Ein modernes Märchen aus der Türkei.“ Deutschlandfunk
Kultur
Der Regisseur
Emin Alper wurde 1974 in Ermenek in der Provinz Kara,am geboren. Nach
einem Studium der Wirtschaft und Geschichte an der Bogazici Universität
Istanbul, machte Alper seinen Doktor in Geschichtswissenschaften – Schwerpunkt
türkische Moderne. Sein erster Film BEYOUND THE HILL (2012) wurde
mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Caligari Filmpreis
im Forum der Berlinale und als bester Film bei den Asia Pacific Awards.
Sein zweiter Spielfilm „“ABALUKA – JEDER GEGEN JEDEN
(2015) feierte seine Weltpremiere beim 72. Internationalen Filmfestival
Venedig im Wettbewerb und wurde mit dem Spezialpreis der Jury ausgezeichnet.
Neben seiner Karriere als Filmemacher unterrichtet Emin Alper Geschichte
an der Technsischen Universität Istanbul.
Director Statement
Die „Besleme“-Tradition in der Türkei Pflegekinder aufzunehmen
ist für Familien, die es sich leisten können,
ein Brauch, der früher in Anatolien weit verbreitet war, in letzter
Zeit aber mehr und mehr aufgegeben wurde. Diese Art Abmachung ermöglicht
eine höchst
interessante Gelegenheit, menschliche und soziale Charakteristiken zu
studieren, insbesondere gesellschaftliche Unterschiede und Klassenungleichheit.
Die soziale Position einer traditionellen „Besleme“ ähnelt
wieder der von
familienzugehörigen Mägden nach einem europäischen Verständnis,
noch einer Adoption im eigentlichen Sinne, sondern einem Zustand dazwischen.
Im
Gegensatz zur Magd oder Dienerin wird eine „Besleme“ tatsächlich
als
Familienmitglied angesehen und spricht die Personen, für die sie
arbeitet, als
Vater und Mutter an. Gleichzeitig ist es ihre Aufgabe, wie eine Dienerin
zu
arbeiten und sich um die Kinder zu kümmern. Obwohl die Stellung
einer
„Besleme“ besser ist als die einer Dienerin, sind ihr schwierigere
, verwirrende, konfliktreiche und schmerzhafte Auswirkungen eingeschrieben.
Trotzdem kann es für Mädchen armer Familien eine Chance sein, eine „Besleme“ zu
werden.
Es eröffnet einen Fluchtweg aus den archaischen Verhältnissen
im Dorf und
eventuell sogar eine vorteilhafte Heirat mit einem Mann aus der Stadt.
Die Psychologie der „Besleme“ hat mich schon immer interessiert,
da ihr ein
starker Konflikt und eine Ambivalenz innewohnen. Die meisten
„Beslemes“ empfinden sich als Außenseiterinnen in ihrer neuen
städtischen
Umgebung und führen sich nie zu Hause, ebensowenig ist es ihr Wunsch,
in die alte Armut zurückzukehren. Sie stecken in einer Art Purgatorium
fest.
Bei dieser Geschichte ist für mich spannend, den sich immer wieder
veränderten Stimmungen und Gefühlen meiner Figuren zu folgen,
die sich
ständig einen Druck durch ihre natürlichen und soziale Umgebung,
aber auch
durch ihre Bedürfnisse und Sehnsüchte ausgesetzt sehen. Die
emotionale
Ambivalenz, die von den sich widersprechenden gesellschaftlichen Positionen
der Mädchen ausgehen, durchdringt schlagartig von Liebe, Zuneigung
und
Solidarität zu einem Gefühl von intensivem Wettbewerb und Eifersucht.
Dieser
Wettbewerb, der aus ihrer Sehnsucht nach einem besseren Leben resultiert,
geht Hand in Hand mit einem Gefühl der Liebe füreinander und überschattet
dieses niemals vollständig. Ein Gefühl von Vergänglichkeit überwältigt
die Mädchen.
Die ambivalenten Stimmungen und Gefühle sind aber nicht nur zwischen
den
Schwestern zu beobachten, sondern in fast allen Charakteren zu finden.
Alle
Figuren sind weder gut noch böse. Die Lebensbedingungen sind hart
und
zwingen sie dazu, sich manchmal brutal zu benehmen, aber sie sind alle
verletzlich und haben auch ein empfindsames Herz. Ihr Leben ist unglücklich
und sie sind in ungünstigen Verhältnissen gefangen, aber sie
sind auch nicht einfach Spielzeuge des Schicksals. Ihr Leben ist tragisch,
da sie tragische Fehler haben und die Verantwortung für ihren Niedergang
und ihr Leid.
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