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Ein
Arbeiter aus Newcastle fängt als selbstständiger Bote bei
einem Paketservice an; die Illusion unternehmerischer Freiheit zerbricht
allerdings schnell
an den unfairen und ausbeuterischen Bedingungen. Diese wirken sich bald
auch auf seine gesamte Familie aus. Das Drama über die falschen
Versprechen der neoliberalen Arbeitswelt und die Folgen der Selbstausbeutung
für die Betroffenen ist in seiner Gesellschaftskritik etwas schlicht; äußerst
treffend ist es gleichwohl durch die Einfühlsamkeit seiner Figurenzeichnung
und der Erosion des Zusammenhalts in einer Familie. - Sehenswert ab 14. FilmDienst
In SORRY WE MISSED YOU, der im Wettbewerb des 72. Filmfestivals in Cannes
uraufgeführt
wurde und beim 27. Filmfest Hamburg Deutschlandpremiere feierte, thematisiert
Ken Loach erneut die Missstände unserer modernen Welt
und gibt den einfachen Leute eine Stimme. Nach dem 2016 mit der Goldenen
Palme ausgezeichneten ICH, DANIEL BLAKE porträtieren Loach und sein
langjähriger Drehbuchautor Paul Laverty nun in dem bewegenden Sozialdrama
SORRY WE MISSED YOU eine Familie, die an den Bedingungen der globalisierten
Arbeitswelt zu zerbrechen droht.
SORRY WE MISSED YOU erzählt eine universelle Geschichte über
Leistungsdruck und Ausbeutung, über Pflegenotstand und Nächstenliebe, über
Kampfgeist und Zusammenhalt – kurz über die Themen, die aktuell
europaweit die Menschen beschäftigen.
DIE SCHAUSPIELER
Kris Hitchen (Ricky)
„Ricky ist ein harter Arbeiter und will nur, dass es seiner Familie gut
geht. Man trifft ihn im Film an einem Scheidepunkt seines Lebens. Er hat
als Kurierfahrer selbstständig zu arbeiten, wodurch die Familiensituation
angespannter wird. Außerdem ist die Beziehung zu seinem Sohn Sebastian
nicht ganz einfach. Er war immer Herr der Lage, wenn man so will, er
hat immer das Geld nach Hause gebracht – und in gewisser Weise
ist er davon überzeugt,
dass er die Hosen anhat und Bescheid weiß, wie die Welt läuft.
In dieser Situation aber kommt er an einen Punkt, wo die einfachen Wahrheiten
nicht mehr helfen, und er beginnt, auch an sich selbst zu zweifeln – ob
wirklich die Richtigen für ihn und seine Familie waren.“ – Kris
Hitchen über Ricky
Kris Hitchen weiß, was es heißt, hart
für sein Auskommen zu arbeiten. Wie Ricky hat er lange als Handwerker
gearbeitet. Jahrzehntelang hat er das Geld für
sich und seine Familie als selbstständiger Klempner in Bolton verdient.
Komplett ins
Schauspielfach wechselte Kris Hitchen tatsächlich erst mit 40, als
er sich den Versuch leisten konnte, nicht mehr jeden Monat ein sicheres
Einkommen zu haben.
Seine erste kleine Rolle spielte er 2001 in Ken Loachs GESCHICHTEN VON
DEN GLEISEN, gab dann aber die Schauspielerei vorerst auf. Vor fünf
Jahren begann er, regelmäßiger als Schauspieler zu arbeiten
und war beispielsweise in TVProduktionen wie „Coronation Street“, „Thick
as Steve“ oder
Kurzfilmen wie „When the Whistle Blows“ oder „Trucker’s
Atlas“ zu
sehen. SORRY WE MISSED YOU ist seine erste Hauptrolle in einem Kinofilm.
Zu Hitchens jüngsten Auftritten
gehören die Hauptrolle in der britischen Serie „The Barking
Murders“ (2020)
und eine Rolle in J.P. Watts „Clay Kickers“ (2020).
Debbie
Honeywood (Abby)
„
Die Altenpfleger, die ich getroffen habe, um mich auf die Rolle vorzubereiten,
waren allesamt Frauen. Die meisten von ihnen haben diesen Job schon immer
gemacht. Es ist auch eher eine Berufung als ein Beruf. Es ist ihnen wichtig.
Die Frauen, denen ich begegnet bin, waren Engel. Sie sind wie Krankenschwestern,
die noch weit mehr tun müssen, und ich war wirklich schockiert darüber,
was sie alles machen für das wenige Geld, das sie verdienen.“ -
Debbie Honeywood über Abby
Debbie
Honeywood lebt und arbeitet im Norden Englands, schon fast an der Grenze
zu Schottland. Mit 40 Jahren entschloss sie sich aus einer Laune heraus,
sich
in einer Schauspieleragentur anzumelden, um den Traum, einmal im Fernsehen
zu sehen zu sein, von ihrer Wunschliste abhaken zu können. Tatsächlich
bekam sie einen kleinen Part in der TV-Serie „Vera – Ein
ganz spezieller Fall“. Daraufhin kamen immer mehr Angebote. Und
irgendwann auch die Rollenbeschreibung für
Ken Loachs Abby: „Eine Frau in ihren 40ern, zwei Kinder. Sie hat
eine weiche und warme Stimme, ist aber auch eine harte Arbeiterin – und
wirklich jeder mag sie.“ Sowohl Debbie Honeywoods Ehemann als auch
ein paar ihrer Freunde sagten ihr, sie solle
sich unbedingt bewerben, und kurz darauf kam ein Videoanruf von Ken Loach
und sie hatte die Rolle in SORRY WE MISSED YOU.
Rhys Stone (Seb)
„Mit Ken Loach zu drehen, fühlt sich manchmal nicht an wie drehen,
sondern wie leben. Es gab eine Szene, die wir gedreht haben, die mich
so sehr an mein eigenes Zuhause erinnerte, dass ich auf einmal nicht mehr weiter
spielen konnte und einen echten Gefühlsausbruch hatte. Ich will sagen, dass
das, was Ken Loach hier macht, einen wirklich kriegt und nahe geht. Es ist eine
echte Erfahrung, und das war sehr lehrreich für mich.“
Rhys Stone über
den Dreh
Rhys Stone stammt aus Newcastle und nimmt schon seit einigen Jahren am
Young Writers’ Programm von New Writing North teil, einer Organisation,
die sich um die Förderung junger Autoren und anderer Talente bemüht.
Besonderes Interesse hat Rhys Stone an Game Design und arbeitete dafür
mit einigen Jungautoren auch an einem Projekt. Über New Writing
North kam der Kontakt zu Ken Loach. Irgendwann besuchte Ken Loach Rhys
in seiner Schule, und nach einigen Treffen und
Proben bekam Rhys die Rolle als Seb in SORRY WE MISSED YOU.
Katie Proctor
(Liza Jane)
„Ken will einfach nur, dass man normal ist. Während die Kamera lief,
habe ich also nicht gedacht, was ich als Katie tun würde, sondern
mir vorgestellt, dass ich Liza Jane bin und mich gefragt, was ich als
Liza Jane tun würde.“ Katie
Proctor über den DrehKatie Proctor lebt in Newcastle und wurde von
einer Lehrerin im Spanisch-Unterricht angesprochen. Zuerst meldete sie
sich nicht mal auf die Frage, ob sich eines der Mädchen vorstellen
könnte, eine Rolle in einem Film zu spielen.
Katie hatte aber schon vorher bei Schulaufführungen mitgemacht,
und ihre Lehrerin überzeugte
sie, dass sie sich für die Rolle bewerben sollte. SORRY WE MISSED
YOU ist Katie Proctors erste Filmrolle.
Ross Brewster (Maloney)
„Ich hatte vorher keine Ahnung von der sogenannten Gig-Economy und solchen
Ich-AG Jobs. Ich hatte immer das Glück, einen festen Job zu haben
und musste mir nie wirklich Sorgen machen. Was ich durch den Film erfahren
habe, hat mich schockiert. Auf gar keinen Fall würde ich so einen
Job machen wollen und schon gar nicht mit einem Boss, wie ich ihn im Film
spiele. Jesus. Was für ein Horror.“
Ross Brewster über Maloney
In einer in Newcastle ansässigen
Schauspieler-Agentur hatte sich Ross Brewster nur angemeldet, um vielleicht
den einen oder anderen Job als Statist zu bekommen. So richtig hatte das
allerdings nie geklappt, weil sich das nie mit seinem Vollzeitjob vereinen
ließ. Dann aber bekam Brewster, der 22 Jahre lang in Durham
als Polizist gearbeitet hatte, eine Mail von seiner Agentur, in der nach
einem ehemaligen Polizisten für Ken Loachs neuen Film gesucht wurde.
SORRY WE MISSED YOU ist Brewsters Schauspiel-Debüt.
DIE FILMEMACHER
Ken Loach (Regie)
Kenneth Loach wurde 1936 in Nuneaton in der englischen Grafschaft Warwickshire
geboren. Nachdem er zunächst Jura in St. Peter‘s Hall in Oxford
studierte, verließ er den juristischen Karriereweg und ging eine
Zeit lang als Schauspieler auf Tour, bevor er 1963 als Regisseur zur
BBC kam. Für die Reihe „Wednesday
Play“ entwickelte er mit Produzent Tony Garrett zahlreiche Fernsehfilme,
die durch ihren schonungslosen
Realismus auffielen. Sein Doku-Drama „Cathy Come Home“ provozierte
1966 eine vehemente gesellschaftliche Diskussion, die mit zur Änderung
der Obdachlosen- Gesetze in England führte. Sein Kinodebüt
POOR COW – GEKÜSST
UND GESCHLAGEN drehte Ken Loach in einem ähnlich düsteren semi-dokumentarischen
Stil, den er für seinen 1969 inszenierten Film KES etwas lockerte.
Die Verfilmung dieses Bestsellers wurde zu Loachs Durchbruch und gilt
als britischer Kultklassiker.
In den 1970er Jahren arbeitete Loach wieder vor allem fürs Fernsehen,
bevor er in den 1980ern zum Kino zurückfand und große Erfolge
feiern konnte. Seine Filme RIFF RAFF und LAND AND FREEDOM wurden jeweils
als Bester europäischer
Film ausgezeichnet, RAINING STONES gewann 1993 den Jury-Preis beim Filmfestival
in Cannes sowie 2012 auch ANGELS’ SHARE – EIN SCHLUCK FÜR
DIE ENGEL. BREAD AND ROSES lief dort 2000 im Wettbewerb. LOOKING FOR
ERIC wurde 2009 ebenfalls in Cannes vorgestellt. Mit dem Kriegsdrama
THE WIND THAT SHAKES THE BARLEY gewann er 2006 das erste Mal die Goldene
Palme – und zehn Jahre später erneut für
ICH, DANIEL BLAKE. Für MEIN NAME IST JOE wurde Ken Loach mit dem
British Independent Film Award ausgezeichnet. Sein Film IT’S A FREE
WORLD erhielt bei den 64. Filmfestspielen
von Venedig den Goldenen Löwen für das Beste Drehbuch.
In seiner mehr als bemerkenswerten und langen Karriere ist Ken Loach
sich stets treu geblieben und hat immer für seine Ideale gekämpft.
Seine Filme sind politisch, parteiisch und persönlich. Der preisgekrönte
Filmemacher ist Chronist und Ankläger sozialer und politischer Missstände – und
gleichzeitig ein eindringlicher Erzähler.
Paul Laverty (Drehbuch)
Paul Laverty kam 1957 als Sohn einer Irin und eines Schotten in Kalkutta
zur Welt. Vor seiner Karriere als Drehbuchautor studierte er zunächst
Philosophie in Rom und anschließend Jura in Glasgow. Paul Laverty
blieb dort zunächst
als Anwalt und war danach für eine Menschenrechtsorganisation in
Lateinamerika tätig.
Seit mehr als 20 Jahren ist er als Drehbuchautor an Ken Loachs Seite.
Ihr erster gemeinsamer Film war CARLA’S SONG. 1998 wurde Paul Laverty
bei den British Independent Awards mit dem Preis für das Beste Drehbuch
zu MEIN NAME IST JOE geehrt, 2002 bekam er die Auszeichnung für
das Beste Drehbuch in Cannes für SWEET SIXTEEN. 2004 wurde sein
Drehbuch für JUST A KISS für
den Europäischen Filmpreis nominiert. Den britischen Filmpreis BAFTA
erhielt er 2012 für sein Drehbuch zu ANGELS’ SHARE – EIN
SCHLUCK FÜR DIE
ENGEL. Für seine Lebensgefährtin, die spanische Regisseurin
Icíar Bollaín,
schrieb Paul Laverty bislang zwei Drehbücher, zu UND DANN DER REGEN
sowie zu EL OLIVO – DER
OLIVENBAUM. Bei Bollaíns KATMANDU fungierte er 2011 als Koautor.
SORRY, WE MISSED YOU ist die 15. gemeinsame Arbeit mit Ken Loach.
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